Heute noch einmal rund 60 Kilometer, es wird immer bergiger und das Wetter soll wieder nass werden. Lassen wir uns überraschen. Ändern kann ich es eh nicht.
Alles Weitere mit Reisebericht vom Tage folgt. Ja, ich weiß, ich hinke mit meinen Reiseberichten ganz schön hinterher. Kommt aber alles noch. Versprochen ist versprochen.
So unscheinbar sieht mein Übernachtungsplatz von letzter Nacht übrigens von außen aus. Das ist hier in Frankreich übrigens gar nicht so selten, dass es sich bei den über Booking angebotenen gü
nstigen Unterkünften oder auch den B&B Unterkünften um Privathäuser handelt und nicht um professionelle Hotels oder Pensionen. Quasi so eine Art Airbnb nur über Booking. Wobei die Übergänge / Unterschiede zwischen beiden Anbietern inzwischen eh fließend zu sein scheinen.
Das Wetter hat sich entgegen aller Vorhersagen bislang (auch jetzt am Nachmittag, an dem es aber ganz sicher und garantiert regnen sollte) hervorragend gehalten. Nur es war zwischenzeitlich, wieder durch den recht starken Wind bedingt, etwas kühl, vor allem in den etwas bewaldeten Gegenden, in denen die Wege eher im Schatten der Bäume als offen zwischen den Feldern verliefen.
So ging es die ersten fast 25 Kilometer auf einer ehemaligen Bahntrasse abseits jeglichen Verkehrs oder sonstiger störender Zivilisation. Selbst Straßen querte man eher selten, sondern fuhr auf Brücken oder unter Brücken darüber oder darunter durch.
Nur Komoot hatte mal wieder einen kleinen Aussetzer. Ich wurde zu dieser Unterführung geführt, auf der oben die gesagte ehemalige Bahntrasse und die Route, die ich nehmen sollte, entlangführte. Nur gab es an dieser Stelle überhaupt keine Möglichkeit nach oben auf die Bahntrasse zu kommen. Weder auf der einen, noch auf der anderen Seite der Unterführung führte ein Weg nach oben, nicht mal Treppen (die ich mit meinem Gespann eh nicht hätte nehmen können) gab es. Dafür schlug Komoot mitten in der Unterführung bei einer Durchfahrt auf die andere Seite vor, ich möge doch jetzt bitte rechts abbiegen. Mir bleibt gar nichts anderes übrig, als ein paar Kilometer zurück in Richtung Auxi zu fahren, zum eigentlichen Startpunkt der Route und den korrekten Einstieg zu suchen.
Jeder, der schon mal des Öfteren mit Komoot gefahren ist, kennt aber wohl solch kleine nervigen oder witzigen Anekdoten.
Oben auf der Trasse angekommen ging es dann aber dank der nahezu kreuzungsfreien Wegführung wirklich gut voran. 
Auf der gesamten Strecke sind mir außer in der Nähe zweier Dörfer jeweils ein Spaziergänger mit Hund, keine Personen und auch keine anderen Radfahrer begegnet. Allgemein ist es aber so, dass der September hier schon zur »Nachsaison« zu gehören zu scheint. Klar liegen wir außerhalb der typischen europäischen Sommerferienzeit, aber wie wenig hier insgesamt los ist, das finde ich schon erstaunlich. Hin und wieder begegnet einem Mal ein Radfahrer auf seinem Rennrad bei seiner üblichen Trainingsrunde.
Aber gerade auf der Strecke, die ich eher als Gravelstrecke
bezeichnen würde, denn zwischendurch wird es an einigen Passagen doch schon etwas ruppig und für ein Rennrad eher ungeeignet. Die bei uns so viel verbreiteten Gravel-Bikes und die zum Teil schon fast ideologisch geführte Diskussion, welches Rad denn nun für welche Strecken das richtige sei, ebenso wie das despektierliche Geläster der Hardcore Trail-Fahrer, oder solcher, die sich gerne als solche bezeichnen, scheint mir hier in Frankreich überhaupt kein Thema zu sein. Ich habe einfach noch gar keinen Gravel-Biker getroffen. Ich treffe Rennradfahrer. Da würde ich schon fast sagen, das ist halt auch typisch Frankreich, welches sich gerne auch in der Tradition der Tour de France als Radfahrernation sieht. Dann trifft man auf die ganz klassischen Reiseradler, die zumeist mit Bio-Bike also dem Rad ohne E-Unterstützung, vollgepackt bis an die Haarspitzen unterwegs sind.
Gestern bei meiner Ankunft in Auxi traf ich dort auf dem Markt noch ein Paar aus Süddeutschland mit einem Einradanhäger für das Gepäck und einem Hundeanhänger hinter dem anderen Rad. Viel Unterhaltung kam nicht zustande, der kleine Wächter der Familie, war so sehr von seiner Betreuungs- und Wachaufgabe für die Räder überzeugt, dass auch noch so deutliches Ermahnen seiner Besitzer ihn nicht beruhigen konnte.
Wenn man also mal Radreisende trifft, so ging es mir auch in Kortrijk im Hotel, dann sind das sehr häufig bei schwerem Gepäck noch die klassischen Radreisenden, die sich nicht dem Fluch der Reichweitenangst eines E-Bikes aussetzen wollen, und die wohl auch (unabhängig von ihrem Alter) noch fit genug sind, sich diese Strapazen antun zu können.
MTB Fahrer, ob mit oder ohne »E«, trifft man hingegen in den unterschiedlichsten Situationen immer mal wieder, allerdings bisher nie als Reiserad. Betrachtet man vor dem Hintergrund die bei uns in Deutschland oft hitzig geführte Debatte, ob es denn nun ein Gravelbike sein soll, ob ein Gravelbike eine Federgabel haben darf, oder ob es dann nicht eher einem Hardtail MTB mit Rennlenker entspricht. Ob sich ein MTB zum Reisen eignet oder ob es Frevel ist, wie manche behaupten, so ein Rad wie das meine nur über Straßen oder Waldautobahnen zu bewegen, es ist hier völlig egal, denn jeder gilt hier als Exot. Eines fällt aber vor allem auf. Es ist fast immer neugieriges Interesse an Rad und Gespann vorhanden, abschätzigen Blicken oder gar Kommentaren bin ich noch nie begegnet.
Und das kleine blaue Quietsche-Einhorn-Entchen auf meinem vorderen Schutzblech, das hat vor allem bei Kindern schon so manches breites Grinsen hervorgerufen.
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