Säuberungswelle…

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Es mag immer etwas komisch klingen, wenn man als Deutscher solche Vergleiche hervorholt, aber wenn ich, auf einer durchaus renomierten und nicht gerade politisch extremen Seite, wie der Webseite der ARD, die folgenden Zeilen lese:
„In der Türkei gibt es nach dem gescheiterten Putsch massive Eingriffe in Militär und Justiz. Die von Präsident Erdogan angekündigte „Säuberung“ läuft auf Hochtouren: Dutzende Generäle und Richter wurden festgenommen.“
Dann kommen mir die Erzählungen aus finsterstesten Deutschen Zeiten in Erinnerung.
Das kann nicht gut gehen und es kann nicht richtig sein. Und ich meine nicht, dass ich so denke, sondern mehr, dass es ein Handeln gibt, das zu solchen Assoziationen zwingt.

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Reif für Europa?

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Was für unruhige Zeiten. Ein Putschversuch des türkischen Militärs, von dem noch nicht einmal ganz klar ist, auf wessen Betreiben er wirklich initialisiert wurde.

Anhänger Erdogans auf dem Taksim Platz
Anhänger Erdogans auf dem Taksim Platz

Verschwörungstheorien hin oder her, ein Präsident der bei einem Putsch von einer „Gabe Gottes“ spricht, von „ausmerzen“, „reinigen“ und „vernichten“ spricht, anstelle Probleme einzugestehen und Dialoge anzubieten. Ein tief gespaltenes Volk zwischen religiösen Fanatismus und säkularem Staat hin und her gerissen und eine Gesellschaft die sich in weiten Bereichen, von Freiheit, über Gleichberechtigung bis hin zu Menschlichkeit, Religionsfreiheit und dem Verständnis für ein europäisches Miteinander so weit entfernt zeigt, dieses Volk ist in keinster Weise reif für Europa.

In der aktuellen Lage, dem Vorgehen der Regierenden der Verfolgungs- und Verhaftungswellen nach dem gescheiterten Putsch und des martialischen auftretens der vermeintlichen Sieger ist dieses Land vielleicht sogar von rudimentären freiheitlichen Grundordnungen weiter entfernt als uns lieb sein dürfte in unserer anbiedernden und in Bezug  auf den Umgang mit Flüchtlingen menschenverachtenden Politik.

Doch was haben wir? Angst um den Verlust einer scheinbaren Demokratie vro unserer Haustür? Angst um Gerechtigkeit, Freiheit oder gar Menschenleben am Rande Europas? Nein wir haben Angst um unsere billigen Urlaubs-Reiseländer und vor noch mehr Türken und Ausländern in unserem Land.

Es ist beschämend für die Menschen und die Menschlichkeit was dort passiert und es ist nooch beschämender wie wir gerade reagieren.

Eine ordentliche Aufarbeitung der Geschehnisse, neutral und vor allem ohne Erdogan und seine Schergen, eine Rückkehr zu den Grundrechten und einer Basisdemokratie wäre angebracht. Für mich hingegen hat die Türkei gerade sämtlichen Sympathiepunkte verspielt, alle Seiten dort vor Ort zusammen.

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notabene – „merke wohl!“ – Jörgs Gedankenwelt

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notabene [lat.] „merke wohl!“

…als Substantiv auch gebräuchlich für „Denkzettel“. Genau das sollten die unter der Überschrift „notabene“ veröffentlichten Beiträge auf meiner alten Webseite sein.

Denkzettel – Seiten, die zum Denken anregen. Dabei ist nicht alles immer so ganz ernst zu nehmen und ernst gemeint, wie es vielleicht den Anschein haben mag. Manches sind auch einfach nur ein wenig subtil verpackte Seitenhiebe auf den Alltag.

Lesen, mitdenken, mitlachen!

PS. Die alten „notabene“-Beiträge werden Stück für Stück auch wieder auf diese Seite umziehen, auch wenn sie zum Teil recht alt sind, so haben sie oft zumindest im übertragenen Sinne nichts von ihrer Aktualität verloren.

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notabene – Denken… – oder eine bittersüße Betrachtung unserer Zeit

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Denken… – oder eine bittersüße Betrachtung unserer Zeit

Viele Menschen würden eher sterben als denken.

Und in der Tat, sie tun es.

(Bertrand Russell, brit. Philosoph)

Zu gewagt? In einer Zeit, in der abgehalfterte Altstars und drittklassige Jungstars sich gegenseitig beim Würmer fressen und Kakerlaken zertreten um die Einschaltquote balgen und sich dabei auch nicht zu schade sind, Fische aus Plastikteichen im australischen Dschungel zu angeln und anschließend über Mord zu philosophieren, da frage ich mich schon, ob Russell vielleicht doch recht hatte. Dabei unterstelle ich weniger den Protagonisten im Dschungel mangelnden Geist; die sind eher abgezockt genug, auch dem dümmsten noch Kohle aus der Tasche zu ziehen, und sei es nur dadurch, dass diese überteuerte Servicenummern anwählen, um ihren Star weiterhin im Dschungel halten zu können oder nach dem ganzen Showspektakel das Gitarrengeschrammel alternder Griechen oder das Gekrächze eines Deggendorfer Spätpubertierenden in die Charts kaufen.

Aber während die Masse der Gesellschaft den Niedergang derselben proklamiert, und sich 4Millionen Arbeitslose begeistert darüber freuen in Zukunft von einer Agentur betreut zu werden, und nicht länger den Gang zum gelangweilten Beamten antreten zu müssen, während unsere Manager mit anderen vor Gericht darum streiten ob 111 Millionen Abfindung nun Peanuts sind oder nicht. Grüble ich darüber nach ob die Gesellschaft das Denken vielleicht verlernt hat. Sie hat es nie gekonnt? Nun, so weit will ich nicht gehen, denn ich glaube schon, dass früher mehr nachgedacht wurde. Die Frage ist nur woran das liegt?

Ein paar Beispiele:

Fernsehen. Ich erinnere mich noch gut an das Fernsehen der späten 70er und 80er Jahre. Kindersendungen der damaligen Zeit waren „Neues aus Uhlenbusch, Sesamstraße, Sendung mit der Maus oder Peter Lustig. Heute führen solche Sendungen nur noch ein Schattendasein gegen Powerrangers, Teletubbies und ähnliche Komerzkacke, deren einziges Ziel es zu sein scheint, den Bürger schon vom Schnulleralter an zu einem möglichst denkbefreiten Konsumsklaven zu formen. In Sendungen wie GZSZ (‚Gute Zeiten, schlechte Zeiten), DSDS (Deutschland sucht den Superstar) und den schon morgendlich beginnenden Talksendungen von Vera über Ricki bis Türk scheinen die Plattitüden und Klischees lediglich ihre perfekte Vollendung zu finden. Von der Realität des alltäglichen Lebens ist das dort gezeigte Programm mindestens ebenso weit entfernt wie wir von einer Besiedlung des Mars, auch wenn in beiderlei Beziehung uns gerne versucht wird, etwas anderes weis zu machen.

Musik unterliegt heute einer Inflation, wie wir sie beim Geld zuletzt in der Weimarer Republik erlebt haben. Wohin das geführt hat, sollte jedem, der die Schulzeit nicht nur dazu genutzt hat, den Schlaf nachzuholen, den er Nachts vor dem Fernseher versäumt hat, klar sein; die Ergebnisse von Studien wie Pisa &Co. lassen mich jedoch daran zweifeln ob heute noch viele wissen was die Weimarer Republik überhaupt war, geschweige denn das sie wissen was Pisa ist. Doch zurück zur Musik, die eigentlich diesen Namen kaum noch verdient hat, denn das was heute als Popmusik täglich auf den Markt geschmissen wird, klingt auch nicht viel anders als das was 3-5-jährige in der musikalischen Früherziehung zustande bringen. Dank modernster Sampletechnik und Stimmverbesserern wird das ganze dann noch auf ein geldbringendes Klangformat konvertiert und als vollkommen überteuertes Massenprodukt auf den Markt geworfen.

Selbst Bosse in der Musikindustrie haben schon ihre Kollegen zum Umdenken aufgefordert, heute sind sie arbeitslos. Denken scheint in einigen Bereichen nicht nur schwer sondern regelrecht verboten.

Insgesamt scheint mir die höchste Form des Seins, die ein Mensch heutzutage erreichen kann, die zu sein, eine möglichst unbedeutende, merkbefreite, verständnisresistente und konsumgeile Teilmenge eines künstlich Geschaffenen „Wir“ zu sein, das man gemeinhin als Gesellschaft bezeichnet. Die Individualität, die zu leben wir glauben ist dabei auch nicht mehr, als die von Marketingspezialisten entworfene Vakuumpumpe mit Direktanschluss an unser Portemonnaie. Denken scheint mindestens ebenso out zu sein wie das Interesse an Bildung oder Kultur. Das einzige was heute scheinbar noch zählt ist schon zu alten Spontizeiten treffend an dutzende Hauswände gesprüht worden:

Neue Heimat
schöner wohnen, bunter kaufen,
schneller ficken!

Wem das zu wenig Lebensinhalt ist, der kann es ja mal mit „denken“ probieren!

Aber Vorsicht: Eines der gefährlichsten Geräusche die man machen kann, ist laut zu denken!

Leinefelde im Sommer 2004

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