… ging es durch das Emsland in Richtung Meppen und über die Grenze in die Niederlande.
Die Radwege typisch Deutsch, oft in schlechtem Zustand und trotz Vollfederung nicht gerade rückenschonend. Ich spüre, wie das zusätzliche Körner kostet. Es zeigt mir aber auch, welch deutliche Fitnessdefizite ich noch habe. Da kommen ja jetzt ein paar Tage Training. 😁
Das landschaftlich schönste Wegstück ist sicherlich das durch den Eleonorenforst. Den Forst kann man auch ganz wunderbar zu Fuß erkunden, wir waren dort schon einige Male.Aber auch hier ist der Radweg links meist schlechter als der geschotterte Feldweg rechts
Mehr vom ersten Reisetag folgt in Kürze.
Nachtrag 1:
Der weitere Verlauf der Reise hat mir inzwischen gezeigt, nirgendwo in den bisher gefahrenen Ländern sind die Radwege so bescheiden wie in Deutschland.
Nicht nur, dass wir mit unseren Brücken und Straßen ein Infrastruktur-Defizit haben, wir haben es auch in anderen Bereichen. Berücksichtigt man nun, dass Länder wie die Niederlande und vor allem Belgien nun nicht gerade bekannt dafür sind, wirtschaftliche Schwergewichte zu sein, dann darf man sich schon fragen, wie schaffen die es eigentlich, eine derart hervorragende Fahrrad-Infrastruktur aufrechtzuerhalten?
Ein Unterschied ist schnell ausgemacht, weil er schon optisch hervorsticht. Vor allem in den Niederlanden und in Belgien gibt es einfach keine Straßenplanung ohne die Berücksichtigung von Fahrrädern. Das ist in Deutschland überall ganz anders. Bei uns muss über einen Radweg immer erst diskutiert werden. Er ist immer ein Anhängsel, es müssen jedes Mal erneut erst die Verantwortlichen überzeugt werden, dass ein Radweg notwendig ist. Man führt also diese Diskussion bei jedem einzelnen Kilometer Straße erneut. Wären Radwege und die Berücksichtigung der Belange der Radfahrer einfach eine Grundsätzlichkeit, dann würden sich viele Probleme von ganz allein erledigen.
Auf Nebenstrecken zwischen Orten ist es vor allem in den Niederlanden so, (in Belgien aber auf vielen Strecken ähnlich), dass immer dann, wenn dort kein Radweg möglich ist, die Strecke einfach immer zu einer Fahrradstraße erklärt wird, auf der die Autofahrer klar als »Gäste« tituliert werden, die auf die Radfahrer Rücksicht zu nehmen haben. Das funktioniert auch ganz wunderbar. Ich hatte auf meiner Fahrt keine einzige brenzlige oder strittige Situation mit einem motorisierten Verkehrsteilnehmer.
Hier liegt ein grundsätzlich anderes Verhalten der Verkehrsteilnehmer zu Grunde, was man so in Deutschland gar nicht kennt. Man muss dazu nur mal einen Beitrag in den sozialen Medien oder einen Zeitungsartikel verfolgen, bei dem Kommentarfunktionen möglich sind, da dauert es keine 3 Beiträge und Hass und Häme in die jeweils eine oder andere Richtung brechen los.
Mich erinnert das an einen Spruch, den schon vor über 30 Jahren der Vater eines guten Freundes einmal von sich gegeben hat. Er selbst auch nicht gerade im Straßenverkehr, sagte einmal, die Deutschen hätten nach ’45 den Krieg nicht beendet, sie hätten ihn nur in den Straßenverkehr verlagert. So ganz falsch ist das nicht, denn ich erinnere mich auch noch an unsere letzte Rückfahrt aus dem Frankreich Urlaub, wo wir bei Freiburg kaum ein paar Kilometer über die deutsche Grenze den typisch deutschen Autobahnverkehr mit Gedrängel, Lichthupe, dichtem Auffahren gleich so direkt zu spüren bekamen, dass auch meine Frau damals sagte, »man könnte meinen hier herrsche Krieg!«
Nachtrag 2:
Gegen Abend und bei inzwischen besserem Wetter, dann kurz hinter Meppen über die Grenze.
Die Vermieterin bei meiner ersten B&B Unterkunft, war eine wirklich coole Person. Patty hatte 30 Jahre lang in der Schweiz in einem Wellness-Hotel für besser Betuchte als Physiotherapeutin gearbeitet. Zu ihrem Ruhestand ist sie dann zurück in die Niederlande gegangen. Hier hat sie sich einen alten Resthof gekauft und renoviert und verbringt nun dort die Zeit mit einer wilden und bunten Mischung aus Freunden und Bekannten und betreibt nebenbei etwas B & B.
(Es sind bewusst nicht alle Personen sind auf dem Bild komplett abgebildet)
Gemeinsam haben wir einen ganz wunderbar unterhaltsamen Abend verbracht. Zum einen spricht Patty (am rechten Bildschirmrand zu erahnen) nach 30 Jahren in der Schweiz natürlich perfektes Deutsch, wenn auch mit einem leichten Schweizer Akzent, was bei einer Niederländerin noch mal ein klein wenig lustiger klingt. Verständigungsprobleme gab es aber keine, dafür spricht Patty, typisch nach Schweizer Art eher laaaangsam. ![]()
Mit von der Party waren noch mir gegenüber sitzend ein Handwerker, der bei Patty schon zur Zeit der Renovierung ihres Hauses viel gearbeitet hat und eine eigene kleine Firma besitzt und nach der Trennung von seiner Partnerin inzwischen immer ein freies Zimmer bei Patty bewohnt und dafür anfallende Handwerksarbeiten auf dem Hof ebenso erledigt, wie dass er sich um Pattys Schafe und Esel kümmert.
Der junge Mann auf der rechten Seite ist der Enkel einer alten Kundin von Patty, die regelmäßig Urlaub in der Klinik gemacht hat, in der Patty gearbeitet hatte und dort zu einer Art Stammkundin und Freundin wurde. Diese Kundin (übrigens Französin) hat für ihren Enkel, der in den Niederlanden als LKW-Fahrer arbeiten wollte, eine Unterkunft gesucht, bei der er neben Niederländisch auch Deutsch lernen kann. Wie praktisch, wenn man dann jemanden wie Patt kennt, die dem Jungen auch noch gleich Unterschlupf gewährt und all die Erziehungsdinge nachholt, die Mama wohl versäumt hat.
Wie sagte sie an dem Abend: „Der musste zu Hause nie was machen, Mama hat dem alles hinterhergeräumt, das gibt es bei mir nicht!“ Und so lernt der Junge nun nicht nur zwei neue Sprachen, sondern auch Kochen, Haushaltsführung, Wäsche machen, Müll trennen und was man sonst noch so zum Leben braucht.
Nicht auf dem Bild zu meiner rechten saß dann noch Schae, auch so eine bunte Zufallsbekanntschaft. Denn Schae ist Deutschlehrerin, hat für einen Besuch ihrer Mutter eine Unterkunft für ein paar Tage gesucht, ist bei Patty gelandet und hat sich sofort in die Esel verliebt. Heute sind die beiden seit Jahren beste Freundinnen, Schae versorgt den Hof, wann Patty mal wieder in der Schweiz ist und kümmert sich auch mal um die Gäste, dabei ist sie die Einzige, die nicht dort wohnt.
Bei so einer bunten Truppe gibt es viel zu erzählen und zu lachen. Wir hatten einen total unterhaltsamen Abend und es hat mich erstaunt, wie gut die Kommunikation trotz aller Sprachbarrieren geklappt hat. Am Meisten hatte wohl der junge Franzose zu kämpfen, denn sein Deutsch steckte noch sehr in den Kinderschuhen und sein Englisch ließ auch zu Wünschen übrig.
Neben verschiedenen Bieren aus den Niederlanden, der Schweiz und aus Frankreich wurde viel gelacht, aber irgendwann kam dann die Müdigkeit. Und immerhin standen für den nächsten Tag wieder reichlich Kilometer auf der Uhr.
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