Die Problematik ist bei allen Kunden eigentlich immer dieselbe. Wie erhalte ich möglichst viel Gegenwert für möglichst wenig Geld. Das ist zunächst einmal eine völlig legitime Grundidee unserer Marktwirtschaft, die wir in nahezu allen Lebenslagen praktizieren.
Wir schauen beim Einkaufen auf den günstigsten Preis oder das beste Produkt und wer kauft heute noch ein Auto beim Händler ohne zuvor verschiedene Händler miteinander verglichen zu haben?
Doch im Bereich von Software und Lizenzen treibt unser Ansinnen nach den möglichst günstigsten Lizenzen bisweilen seltsame Blüten. Wir vergleichen hier nicht wirklich die Angebote der verschiedenen Anbieter und sorgen dafür, dass uns alle das gleiche Produkt zum korrekten Preis anbieten, sondern im Prinzip überlegen wir uns eher in immer wieder neuen Ansätzen ob es nicht Kombinationen gibt, die unsere Beschaffung vergünstigen ohne dabei zu hinterfragen, ob diese Beschaffung und das von uns überlegte Modell noch annähernd Lizenzkonform ist.
Ich nehme immer gerne Beispiele aus ganz anderen Bereichen, um das zu verdeutlichen, weil wir Menschen uns oft leichter damit tun, Prozesse und Strukturen, die wir in alltägliche Situationen aus dem normalen Leben übertragen, nachzuvollziehen.
Softwarelizenzen erwerben wir wie ein Auto. Nur gibt es nicht wirklich dutzende Hersteller, die alle mehr oder weniger das Gleiche anbieten, und wir müssen uns nur zwischen diesen Herstellern entscheiden. Stellen wir uns stattdessen vor, es gäbe bis auf ein paar wenige Ausnahmen im Luxus oder in der unteren Einstiegsklasse nur ein zwei Anbieter. Dieser eine Anbieter könnte durch diese Marktmacht faktisch die Preise bestimmen und seine Modelle nach gut Dünken auf den Markt werfen. Egal ob er verlangt, dass wie seine Autos kaufen oder mieten, er gibt uns praktisch alles vor.
Doch was tun wir, um zumindest noch das Gefühl zu haben, Preise verhandeln zu können? Wir verhandeln nicht mit dem Hersteller oder zeigen ihm bei ausbleibender Verhandlungsbereitschaft die kalte Schulter. Da jammern wir lieber herum und heulen, dass wir doch so dringend ein Auto brauchen.
Stattdessen verhandeln wir mit dem Verkäufer darüber, ob wir es nicht billiger bekommen können, wenn wir das Modell ohne Rückbank nehmen, oder das offene Modell für die Schleichfahrt und ohne Türen, Airbag und Gurte. Natürlich wird uns das Modell verkauft, wir haben ja entsprechende Nutzungsbedingungen akzeptiert. An die wir uns natürlich dann nicht im Geringsten halten und das Auto natürlich als Familien und Reiselimousine nutzen und unsere Kinder dann ungesichert auf ein paar Bierkisten hinten in den Kofferraum setzen.
Und kommen wir dann in eine Kontrolle, dann schreien wir laut „ich bin nicht schuld“ und zeigen mit dem Finger auf den Verkäufer, beschuldigen den Hersteller, weil er jemals ein solches Modell gebaut hat und überhaupt können wir ja gar nichts dafür und meinten es doch immer nur gut. Wir wollten ja nur ein bisschen Geld sparen.
Sie halten dieses Beispiel für völlig überzogen? Sie glauben solche Vergleiche hinken viel zu stark um sie auf die Realität übertragen zu können? Sie denken mit solchen deutlichen Modellen polemisiere ich letztlich nur, denn die Realität sähe dann ja doch etwas anders aus?
Sie haben Recht damit, dass die Realität anders aussieht. Sie ist viel schlimmer. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Lizenzberater kann ich Ihnen versichern, die Realität ist wirklich noch viel schlimmer, und diejenigen unter Ihnen, die nun abwinken und meinen, auf sie träfe das aber ganz bestimmt nicht zu, sind in den meisten Fällen auch nur in einem alten Stock-Car unterwegs.
Glauben Sie mir, Fahrer eines Rolls Royce findet man dann doch eher selten.
Anders gesagt, wir erwerben Lizenzen in der Regel völlig falsch. Vollständig an unserem realen Bedarf vorbei, wir kennen die notwendige Straßenverkehrsordnung gar nicht und trauen uns dennoch auf die Straße und das meiste wissen wir eh nur von Hörensagen, nicht jedoch aus der Fahrschule.
Und so steuern wir, teilweise sehenden aber verleugnenden Blickes, oder mit zugekniffenen Augen, die Wahrheit nicht wahrhaben wollend, ins Chaos.
(Ich bin als Autor dieser Seite seit über 12 Jahren beruflich als Lizenzberater und als SAM Berater für Microsoft Lizensierung tätig. Die hier veröffentlichten Beiträge sind ein Spiegelbild der beruflichen Praxis und stellen keine Lizenzberatung im eigentlichen Sinne dar. Die in diesen Beiträgen getroffenen Aussagen sind in keinster Weise rechtsverbindliche Lizenzaussagen, sie spiegeln ledigliche die persönliche Meinung des Autors zu diesen Themen wieder. Bitte sehen Sie auch von Rückfragen lizenzrechtlicher Natur ab und wenden sie sich dazu an einen zertifizierten und versierten Lizenzberater ihres Vertrauens. Ein Tip zum Abschluss: Eigenständiges Software Asset Management im Unternehmen einführen zu wollen und sich dabei auf Aussagen aus dem Internet, Eigenrecherche und Eigeninterpretation zu verlassen ist leider häufig ebenso lizenzrechtliches Harakiri, wie sich der Angelegenheit überhaupt nicht anzunehmen. Genau dies versuche ich Ihnen anhand dieser Beiträge zu verdeutlichen.)
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